Kunst fördern und Kunst fordert

In der Kunsthalle Mannheim findet derzeit eine faszinierende Ausstellung statt, die das Schaffen von drei außergewöhnlichen Künstlerinnen in den Fokus rückt. HOOVER HAGER LASSNIG ist eine Ausstellung, die mich auf zwei Ebenen fasziniert und berührt hat. Zum einen geht es um Frauen, die Pionierinnen waren und offensichtlich eine große Freude am Experimentieren hatten. Nan Hoover war beispielsweise eine Vorreiterin der Videokunst. Zum anderen zeigt die Ausstellung, welche Rolle technische Evolutionen und Revolutionen auch in der Kunst spielen können und wie diese einen Einfluss auf die eigene Biographie, das eigene Selbstverständnis und das Schaffen als Künstlerin (oder Künstler) haben kann. Manchmal muss man sich im Leben neu erfinden.
Diese Ausstellung ist nicht nur ein kulturelles Highlight, sondern auch ein lebendiges Beispiel dafür, wie Kunst Unternehmen und uns Marktforscher:innen herausfordern und inspirieren kann.

Die Macht der Kunst: Drei Künstlerinnen im Rampenlicht

Die Ausstellung präsentiert die Werke von drei Künstlerinnen, die mit ihren einzigartigen Perspektiven und Techniken die Kunstwelt bereichern. Ihre Arbeiten sind ein Zeugnis dafür, wie Kunst Grenzen überschreiten und neue Denkweisen anregen kann. Jedes Kunstwerk erzählt eine eigene Geschichte, fordert den Betrachter heraus und regt zum Nachdenken an.

Warum Kunst herausfordert

Kunst ist ein Spiegel der Gesellschaft und oft ein Vorbote von Veränderungen. Sie fordert uns heraus, indem sie uns zwingt, über den Tellerrand hinauszuschauen und eingefahrene Denkmuster zu hinterfragen. In der Kunst finden wir oft die kühnsten Ideen und die radikalsten Fragen, die uns dazu bringen, die Welt um uns herum neu zu bewerten.

2023 feierte Q sein 15-jähriges Bestehen und gerade jetzt stehen auch wir wieder vor großen Umbrüchen, die einen technologischen Hintergrund haben. Künstliche Intelligenz ist das Buzzword der letzten Monate. Wir experimentieren, fordern uns und andere heraus, entdecken uns neu, scheitern, werden smarter und sind fasziniert. Es gibt also durchaus Parallelen.

Kunst und Marktforschung: Eine unerwartete Synergie

Wir haben uns vor ein paar Jahren entschlossen, Fördermitglied der Kunsthalle Mannheim zu werden. Es ist zum einen schön, einen Beitrag zu leisten für eine wunderbare Institution wie die Kunsthalle Mannheim, aber ganz uneigennützig ist das auch nicht, denn wir haben natürlich etwas davon. Besonders interessant ist die Verbindung zwischen Kunst und Marktforschung. Kunst kann uns Marktforscher:innen herausfordern, indem sie uns neue Perspektiven und Herangehensweisen eröffnet. In einer Welt, die sich ständig verändert, ist es für Marktforscher:innen unerlässlich, flexibel und offen für neue Ideen zu sein. Kunst kann hier als Katalysator für kreative Problemlösungen und innovative Forschungsmethoden dienen.

Perspektivwechsel in der qualitativ-psychologischen Marktforschung

In der qualitativ-psychologischen Marktforschung ist der Perspektivwechsel besonders wichtig. Kunst ermöglicht es uns, uns in die Lage anderer zu versetzen und tiefere, emotionale Einsichten in das menschliche Verhalten zu gewinnen. Dies ist entscheidend, um die Bedürfnisse und Wünsche von Verbraucher:innen zu verstehen und authentische Insights zu gewinnen. Künstler:innen sind oft auch gute Beobachtende und halten uns einen Spiegel vor oder weisen auf gesellschaftliche Entwicklungen und Missstände hin. Die Österreicherin Maria Lassnig, setzt sich in ihren Bildern und Trickfilmen drastisch und ironisch mit gesellschaftlichen Zwängen einer Frau in der Mitte des 20. Jahrhunderts auseinander.

In einem Interview redet Nan Hoover über den kreativen Prozess und wie sie ihre Videoaufnahmen plante. Sie erzählt, wie wichtig die Planung und eine genau durchdachte Idee für ihre Drehs sind. Sie hat die Aufnahmen mit ihrer V8-Kamera nicht geschnitten, sondern immer versucht, die Installationen und bewegten Bilder durchgängig zu filmen – auch auf die „Gefahr“ hin, von vorn beginnen zu müssen, wenn sie einen Fehler gemacht hat. Eindrücklich schildert sie, wie wichtig die Vorbereitung ist. Es geht ihr häufig um Bewegungen des eigenen Körpers und dafür spielt sie mit den Lichtverhältnissen am Drehort. Sie geht aber noch einen Schritt weiter: Hoover weicht in bestimmten Situationen von ihrem Plan ab, lässt etwas Unvorhergesehenes geschehen. Sie erkennt ein spezielles Licht, einen Schattenwurf, der die Aufnahme besonders macht und bereichert. Das ist für sie Teil des kreativen Schaffensprozesses.

Als ich im Videoraum der Kunsthalle stand, musste ich sofort an Situationen in unserem Alltag als Marktforscher:innen denken. Zwei Tage zuvor durfte ich mit meiner Kollegin Judith Gruppendiskussionen moderieren. Wir waren bestens vorbereitet, hatten unseren Topic Guide – also unser Drehbuch – mit den Kunden abgestimmt und im Griff. Aber auch eine Gruppe oder selbst ein Interview ist eine Art lebender und sich verändernder Organismus. Es hilft in vielen Situationen nicht, den abgesprochenen Plan stur zu verfolgen. Die Teilnehmer:innen der Gruppendiskussionen geben uns Input, wir kalibrieren uns mit den Anwesenden und können so das Spezielle und Besondere herausarbeiten. Wie das besondere Licht in Nan Hoovers Erläuterung nehmen wir diesen Input auf und lassen das Unplanbare geschehen für bessere Insights. Auch hier wird mir bewusst, wie bereichernd es sein kann, sich mit Kunst auseinanderzusetzen.

Autor: Oliver Tabino

Das Titeilbild des Beitrages ist ein Foto eines großartigen Gemäldes von Maria Lassnig (1919-2014) mit dem Tiel Woman Laokoon.

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