GOR19 – Auch ohne Best Practice Award schön

Rückblende März 2018. In der Bar „Zum Scheuen Reh“ findet die GOR18 Party statt. Der Best Practice Award Gewinner wird verkündet. Der SWR und Q werden genannt. Ein unglaubliches Gefühl. Als der GOR Practice Award Gewinner 2019 um das Team von Holger Lütters gekürt wird, kommt diese Erinnerung wieder auf. Coole Sache war das. Darauf ein Kölsch!

Zurück zur GOR19: Für mich stellt die GOR, wie andere Kongresse und Events, immer ein Invest da. Die GOR hat meines Erachtens ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, d.h. das Hauptinvest liegt vor allem in der eigenen Zeit. Die GOR dauert 2 Tage – zählt man die Workshops am Mittwoch und die Mitgliederversammlung dazu sogar 2,5 oder 3 Tage. Eine Kundin hat mich letzte Woche gefragt, ob sich die GOR gelohnt hat? Für mich hat sich die GOR definitiv gelohnt und dafür gibt es viele Gründe:

Socialising und Verbandsarbeit

Die Party ist sicherlich ein Highlight der jährlichen GOR Konferenz und auch dieses Jahr wurde viel geredet, getanzt und gefeiert. Die Socialising- und Networking Events sind wichtig, man kann sich mit internationalen Kolleg*innen austauschen, lernt neue Leute kennen und trifft die DGOF-Familie. Auf der Mitgliederversammlung am Mittwoch hatte man die Möglichkeit Verbandspolitik zu beeinflussen und somit auch unsere Branche. Das kann zäh sein, ist jedoch extrem wichtig, da Vereine oder Verbände wie die DGOF, der BVM oder der ADM unsere Interessensvertreter sind.

Inspirierende Themen

Florian Tress und ich haben nach der GOR18 zum zweiten Mal eine Dataviz Session für die GOR organisiert. Wir finden das Thema hoch relevant und lernen selbst immer wieder dazu. Wir haben versucht, drei sehr unterschiedliche Ansätze und Herangehensweisen in eine Session zu packen. Unser Kollege Paul Simmering hat ein eigenes, spannendes Projekt den Global Patent Explorer vorgestellt. 

Marcel Gemander konnte uns darlegen, wie er die Persönlichkeit von Donald Trump in seinem Design für „Donald Says“ umgesetzt hat und Nina Corradini von „The Visual Agency“ hat uns die Anfänge der Datenvisualisierung gezeigt und aktuelle High End Visualisierungen vorgestellt.

Persönlich fand ich 4 weitere Sessions besonders spannend:

1. Digitalization in Qualitative Research: Opportunities, Limitations:

Das Methodenexperiment von Michael Björn (Ericsson ConsumerLab, Sweden) „Using VR for Focus Groups: Risks and Rewards“ zeigte die Besonderheiten von Fokusgruppen in der Virtuellen Realität.  

“(Wo)man vs. Machine: If, how, and when to automate Qualitative Research” von Julia Görnandt (SKIM) befasste sich mit AI in der qualitativen Forschung. Das Thema ist wichtig und spannend, der Vortrag blieb mir zu sehr an der Oberfläche.

2. Data Science: Bringing Data to Life – Three Applicable and Inspiring Approaches:

Daniel Jörgens (KTH Royal Institute of Technology, Sweden) war sicherlich thematisch einer der größten Exoten auf der GOR. Mit „Deep Learning – Decision Making Made Easy?“ gab er uns einen faszinierenden Einblick in die Welt der Forschung rund um Künstliche Intelligenz und Medical Image Analysis.

Daniel Spitzer, einer der Gründer von 100 Worte Sprachanalyse zeigte am Weltfrauentag interessante semantische Analysen: „Do German job advertisements differentiate between men and women? How gender-specific language consolidates gender inequality.“ 

3. New Technologies and Human-like Interviewing:

In seinem Experiment “Voice Recording in Mobile Web Surveys - Evidence From an Experiment on Open-Ended Responses to the Final Comment" zeigte Konstantin Leonardo Gavras (University of Mannheim) wie man Vocie Recording in Surveys bei offenen Fragen nutzen kann und wie das die Teilnahme und Antwortqualität bei älteren Teilnehmern positiv beeinflusst.

4. Data Systems instead of Ad Hoc Research?

Diese Session wurde von marktforschung.de als Programmpartner organisiert. Die Frage konnte natürlich nicht beantwortet werden, auch nicht durch den spannenden Vortrag von Mathias Friedrichs (GfK) „Go beyond ad hoc research: Get inside the mind of consumers“. Die Relevanz, unterschiedliche Datenquellen zu nutzen wurde deutlich, die Herausforderungen auch. Marktforschung.de hat im Anschluss der GOR ein Dossier zu diesem Thema veröffentlicht. 

Mit großer Spannung wurde sicherlich auch die Veranstaltung „Stichprobenqualität und Repräsentativität in der Online-Forschung“ erwartet. Der Raum war voll, es war angerichtet für einen Showdown – oder zumindest eine spannende Methoden-Diskussion – zwischen forsa und Civey. Passiert ist nicht viel. Thorsten Thierhoff von forsa startete mit einigen Spitzen gegen Civey und endete mit Eigenwerbung. Janina Mütze und Tobias Wolfram von Civey hielten mit einem Formel-Gewitter dagegen. Ich hatte den Eindruck, dass man mit einer Art Vorwärtsverteidigungsstrategie alle potentiellen Kritiker mit einer Statistikvorlesung mundtot machen wollte. Das gelang, denn wie sollte das Publikum in 15 Minuten auch nur einigermaßen diese Aussagen nachvollziehen und überprüfen?

Florian Tress von Norstat hielt einen sauberen, transparenten, dem Format angemessenen Impulsvortrag und endete damit, dass man Fehler in der Panelrekrutierung im Nachgang nicht mehr nachgewichten könne. Das war eine schöne Vorlage für eine Diskussion, aber leider wurde diese nicht genutzt. Schade. 

Das kann aber den positiven Eindruck der GOR19 nicht trüben.

Die 2,5 Tage waren eine lohnende Investition für mich. Deswegen freue ich mich auf die GOR20 in Berlin.

Positiv war auch wieder die tolle Organisation von Birgit Bujard und Anja Heitmann sowie die Betreuung durch das Studentinnen- und Studenten-Team. Ganz große Klasse!

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